Was ist Erlebnispädagogik?

1. Definition von Erlebnispädagogik:

Natürlich finden sich in der gängigen Literatur oder im Netz viele Definitionen. Hier eine davon:

"Erlebnispädagogik beschreibt einen methodischen und erlebnisorientierten Ansatz, der mittels vielfältigen und naturnahen Settings die Teilnehmenden vor reale Aufgaben, Herausforderungen, Frage- und Problemstellungen und eben erlebnisreiche Eindrücke stellt, deren Umsetzung und Lösung gleichzeitig eine positive Veränderung und Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit fördern will."

Stephan Straub & Leif Cornelissen N.E.W.-Institut Freiburg


2. Gründer:

Auch wenn sich mehrere Pädagogen um die Jahrhundertwende mit „Arbeits- und Erlebnispädagogik“ auseinander gesetzt haben, so gilt doch vor allem der Berliner Kurt Hahn (1886 – 1974) als der Gründervater der Erlebnispädagogik.

Hahn war bis zu seiner Verhaftung durch die National-sozialisten 1933 Schulleiter in Salem. Für ihn bestand die Hauptaufgabe einer jeden Schulerziehung in der Entwicklung des Charakters: Beständigkeit im Streben, eine unbezwingbare Geisteshaltung und Mitgefühl.                    
Als Gegner eines rein kognitiv ausgerichteten Schulunterrichts suchte er nach neuen Wegen, die „schöpferische Leidenschaft“ und „den Lebensmut“ zu fördern und „seiner Schwäche Herr zu werden“.

Im Jahre 1929 formulierte Hahn eine Reihe von Leitsätzen (gelegentlich auch als die „Säulen von Salem“ bezeichnet).
• Gib Kindern die Chance, sich selbst zu entdecken
• Lass Kinder den Umgang mit Erfolg und Misserfolg 
   erlernen
• Achte auf Ruhepausen
• Fördere die Vorstellungskraft, die Fähigkeit vorauszu-
   denken und zu planen
• Miß Sport und Spiel den richtigen Stellenwert im Rahmen
  des Ganzen bei
• Befreie die Kinder wohlhabender und einflußreicher Eltern
  vom lähmenden Einfluß von Reichtum und Privilegien

Die eigene Kompetenz sollte durch das Bewältigen von nichtalltäglichen, körperlich anstrengenden Ereignissen gesteigert werden, um so für den Notfall gerüstet zu sein und das eigene Leben eigenverantwortlich steuern zu können. Als Quelle dieser Erlebnisse dienten Hahn die Naturgewalten. Die daraus resultierende Reife und die Entfaltung des eigenen Potentials nannte er „Outward Bound“ (Seefahrersprache: bereit sein zum Auslaufen – frei übersetzt „gerüstet sein für das Leben“).

Nach seiner Emigration nach Wales (1941), und verschiedene Versuche, alternative Schulen mit neuer Pädagogik zu eröffnen, führten schließlich zur Zusammenarbeit mit einer Handelsschifffahrtgesellschaft und der Gründung der ersten „Kurzschule“.

Hahn fiel auf, dass nach Schiffsuntergängen im Laufe des Seehandelskriegs 1941 nur die älteren, zwar körperlich schwächeren, aber erfahreneren Seemänner überlebten und entwickelte daraus sein Konzept zur Schulung von Durchhaltevermögen und Charakterstärke für seine „Kurzschulen“.

Obwohl das Ausbildungskonzept zunächst von der Navy mitfinanziert wurde und zu erst nur für Matrosen der Marine offen war, konnte Kurt Hahn durchsetzen, dass auch zivile bzw. „bedürftige“ Schüler daran teilnehmen
durften.                                                   
Am 4.10.1941 wurde die erste „Outward Bound Sea School“ eröffnet.

Als eine der Wurzeln heutiger Erlebnispädagogik bleibt festzuhalten, dass Kurt Hahn ein Konzept des physischen Trainings entwickelt hat, um junge Menschen auf die Anforderungen des damaligen Lebens vorzubereiten. Nach unserem heutigen Verständnis darf Pädagogik dabei aber nicht stehen bleiben. Sonst würde sie sich schnell den Vorwurf einfangen, bloß abzurichten und zu manipulieren.

Es sind deshalb noch weitere Wurzeln zu nennen:          
Neben der Reformpädagogik gelten emanzipatorische Ansätze (z. B. Paolo Freire: Pädagogik der Unterdrückten) als Grundlage moderner Erlebnispädagogik. So entstand eine Methode in der einerseits Extremsituationen simuliert und trainiert werden, andererseits aber die Zielformulierung und die Erfolgsbewertung stets in der Verantwortung der TeilnehmerInnen belassen bleiben.